An die Techniker in Forschung, Lehre und Praxis
In jeder Abstimmungskampagne gibt es grenzwertige oder falsche Aussagen von beiden Seiten. Unser Carnot-Cournot-Netzwerk ist weder Zensurbehörde noch Wahrheitsinstanz. Aber wir wehren uns vehement und ungeschminkt gegen Vernachlässigungen oder Verletzungen von zentralen physikalischen und ökonomischen Grundlagen. (Ökonomie vgl. hier.)
Beim Energiegesetz bewegen sich die Befürworter in technischer Hinsicht mehrfach klar im Abseits. Hier nur ein paar Beispiele:
Unerfüllbarer Sparzwang
Der jährliche Stromverbrauch der Schweiz beträgt heute etwa 60 TWh - 35% oder 21 TWh davon privater Konsum. Gemäss neuem Energiegesetz sollen bis ins Jahr 2035 13% oder 8 TWh eingespart werden. Wenn wir nicht gleich die Industrie abbauen wollen, müssten die Haushalte ihren Stromverbrauch also um gegen 40% reduzieren. Wie soll das gehen, wenn im gleichen Zeitrahmen der Gesamtenergieverbrauch um 43% bzw. der Verbrauch ausser dem Strom sogar um 53% reduziert werden müssen und dazu die Ölheizungen durch stromfressende Wärmepumpenanlagen oder die Benzin- und Dieselautos durch Elektromobile ersetzt werden müssen?
Energieverschleuderung gegenüber Energie-Effizienzzwang
Bereits heute muss bei Stromüberangeboten aus nicht planbaren deutschen Photovoltaik- und Windanlagen die Stromproduktion zur Stabilisierung der Netze anderweitig reduziert werden. So muss man in der Schweiz immer öfter Wasser ungenutzt an Flusslaufkraftwerken vorbeifliessen lassen. Die Schwemme an hoch subventioniertem Flatterstrom verdrängt also den technisch-ökonomisch wertvollsten und umweltfreundlichsten Strom.
Den Konsumenten zwingt man dagegen zu Einsparungen und belastet ihn mit Kosten für die Subventionierung dieser Absurdität.
Dieser systemische Fehler rührt daher, dass einzelne Komponenten "verordnet" werden und der Blick auf die Wirkungen im Gesamtsystem oft erst später oder gar nie erfolgt - aber zweimal die halbe Wahrheit ergibt nicht die ganze Wahrheit!"
Die Power to Gas to Power – Illusion
Will man etwa über die Mittagszeit im Sommer die Nutzung einer Solarstromanlage über einen P2G2P-Prozess auf Zeiten mit grösserer Nachfrage "verschieben", beispielsweise ins Winterhalbjahr, dann gehen dabei rund 80% der elektrischen Energie verloren (Wirkungsgrad der Umwandlung und Rückumwandlung rund 20 % – Speicherverluste noch nicht eingerechnet).
Also auch hier: Teure Prozesse mit exorbitanten Effizienzverlusten werden einäugig und kurzsichtig vorgeschlagen, weil die geförderten Technologien in Photovoltaik und Wind auf sich alleine gestellt eine stetige Versorgung nicht gewährleisten können.
Kein Plan B für den Ersatz der Kernkraft
Gemäss Energiestrategie soll dieser Ersatz durch den Ausbau von Photovoltaik- und Windstromanlagen sowie durch Effizienzsteigerungen und Suffizienz (=Konsumverzicht) erfolgen. Obwohl Ausbau und Sparziele nach wie vor heftig umstritten sind und die Zielerreichung höchst zweifelhaft erscheint (es sei denn, die Schweiz nähme eine Deindustrialisierung in Kauf), gibt es keinen richtig durchdachten Plan B.
- Importe würden inkonsistenterweise in Bezug auf unsere Dekarbonisierungs- und Entnuklearisierungspolitik ausgerechnet Kohle- und Nuklearstrom betreffen und scheinen ohne Stromabkommen und wahrscheinlicher Knappheit in Zukunft ungesichert.
- Bau und Betrieb von Gaskraftwerken in der Schweiz würden einer ebenfalls inkonsistenten Gas-Importstrategie entsprechen und liessen unsere ohnehin schon überambitionierten Pariser CO2-Ziele zu Makulatur werden.
- Der Weg zu Nuklearwerken neuester Technologie wäre mit der Energiestrategie auf lange Zeit nicht gangbar.
Quintessenz: Punkte des Grauens
- Die Haushalte und die KMU sollen immer grössere Rechnungen für immer weniger Energie zahlen und suffizient werden. Sie zahlen nicht zuletzt für eine massive Energieverschleuderung als Folge technisch nicht durchdachter Systeme.
- Die Kommandowirtschaft und die Sparzwänge (Rationierungen) führen zu eklatanten Kosten oder Nutzenverlusten und gefährden die Prosperität der Schweiz.
- Technische Unmöglichkeiten werden totgeschwiegen und es wird mit falschen oder – noch fast schlimmer – mit gar keinen Zahlen operiert.
- Jeder Verwaltungsratspräsident auch kleinster KMU würde einen der Energistrategie 2050 entsprechenden Strategievorschlag zurückweisen und seinen Strategiechef unverzüglich entlassen!