Karrer springt auf den SP-Karren auf

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Economiesuisse hiess früher Vorort und war ein Ort des Vordenkens und ein Hort liberaler Werte und Persönlichkeiten. War schon die Stimmfreigabe für die ES 2050 ein unüberhörbares Warnsignal, so sind die jüngsten Karrer-Sprünge auf den Karren der leider sehr gescheiten und geschickten Sozialdemokraten Anlass für einen strukturellen Neuanfang. Worum geht es?

Zum einen geht es um das EU-Rahmenabkommen mit seinen von den Gewerkschaften meisterhaft in den Vordergrund gerückten Lohnschutz-Mechanismen. Neuster Gag ist ein «Abkommen light», das diese flankierenden Massnahmen ausklammert und uns dazu verleiten würde, alle wirklich gravierenden Nachteile wie Souveränitätsverlust, fremde Richter, aussenwirtschaftliche Knebelung oder Verzicht auf Regulierungsautonomie zu schlucken. Zum Glück wird das die EU nicht schlucken. So oder so haben die Gewerkschaften ein Vetorecht zugespielt erhalten. Economiesuisse hätte von Anfang an klar machen müssen, dass politischer Lohnschutz wohl auf dem Papier fixiert werden, aber sicher nicht real garantiert werden kann. Reallöhne folgen der Arbeitsproduktivität und müssen sich im Arbeitsmarkt behaupten. Sonst gibt’s Arbeitslosigkeit.

Deshalb springen wir sofort zum zweiten Karrer-Karren-Sprung: dem üblen Kuhhandel – äh dem genialen Kompromiss – zwischen Steuerreform und AHV-Reform-Blockade. Die Steuerreform ist für unsere Zukunft wichtig. Doch Economiesuisse hätte von Anfang an nicht eine Kompensationsstrategie fahren sollen, sondern eine zur generellen Reduktion der Unternehmenssteuern. Diese Steuern werden zwar bei Unternehmen abkassiert, aber analog zum Hund tragen die Firmen diese Steuern nicht selber. Effektiv belastet werden die Eigentümer, die Arbeitnehmer oder die Kunden. Also warum nicht nur die Personen offen und ehrlich besteuern? Der Bund könnte zum Beispiel ganz auf die Besteuerung von Unternehmen verzichten, und das ganz den Kantonen überlassen. Dann erübrigten sich Kompensationen von Bund zu Kantonen.

Aber noch schlimmer ist die Kapitulation vor den Sozialdemokraten bei der AHV. Diese haben mehr erreicht, als sie je erhoffen konnten. Am Wochenende erklärte Levrat denn auch voller Stolz und Überzeugung, Reformen mit Leistungskürzungen und/oder Pensionsalter-Erhöhungen seien weg vom Tisch. Da hat er leider recht.

Die Verlagerung von der Mehrwertsteuer auf die Lohnbeiträge ist primär eine Verschiebung auf die jungen Generationen und in die Progression, weil ja alle Beträge über 85 000 Franken reine Steuern sind. Wir haben also nicht nur eine intergenerative Umverteilung zulasten der Jungen, sondern auch eine von hohen Einkommen zu tiefen. Hilfreich für die SP ist dabei die selbst von Economiesuisse übernomme Illusion, dass im Gegensatz zur Mehrwertsteuer die Arbeitnehmer ja nur die Hälfte zu berappen hätten. Der Bruttolohn steigt durch die zusätzlichen Lohnprozente. Wie viel der Arbeitgeber davon der AHV und wie viel dem Arbeitnehmer zukommen lässt, ist völlig wurst. Der Faktor Arbeit verteuert sich um die ganze Erhöhung, was langfristig negative Konsequenzen für die Beschäftigung nach sich ziehen wird. Auch hier heiligt der Zweck die Mittel nicht, umso mehr als bei einem Referendum sich die Nein-Stimmen kumulieren werden. Aber die AHV-Nicht-Reform ist ab sofort und auf lange Zeit fest in SP-Händen.

Dieser Beitrag ist in der «Basler Zeitung» vom 20. September 2018 erschienen.

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1 thought on “Karrer springt auf den SP-Karren auf”

  1. und der Karrer war mal ein guter Handballer und ein guter Plauderer.
    Mit diesen Eigenschaften ist man nicht automatisch ein guter Stratege …

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