Absenkpfade und andere Märchen

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Genau einen Monat nach der Abstimmung zum Energiegesetz sind gleich drei der stärksten Argumente von Bundespräsidentin Leuthard aufgeflogen. Dass wir uns nämlich bereits auf einem Absenkpfad des Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen befänden, dass sich das Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch entkoppelt habe und dass wir unsere Auslandabhängigkeit vermindern werden. Am 22. Juni brachte das Bundesamt für Energie aus dem Departement von Frau Leuthard folgende Medienmitteilung: «Energieverbrauch 2016 um 1,9 Prozent gestiegen. Ein wichtiger Grund dafür ist die im Vergleich zum Vorjahr kühlere Witterung. Zum Verbrauchsanstieg trugen aber auch die positive Wirtschaftsentwicklung und das anhaltende Bevölkerungswachstum bei.» Das wusste man unter der Bundeshauskuppel selbstverständlich lange vor der Abstimmung, schliesslich endete das Jahr 2016 immer noch am 31. Dezember, fünf Monate vor der kritischen Abstimmung. Aber solches Wissen durfte man dem Stimmvolk nicht auftischen, sonst hätte dies die Argumente der glaubwürdigen Bundesrätin durcheinander gebracht.
Noch interessanter wird es, wenn man die Medienmitteilung im Detail liest: Der Gasverbrauch stieg um 5,1 Prozent, der Stromverbrauch blieb auf dem Niveau des Vorjahres, allerdings bei einer Inlandproduktion, die um 7,8 Prozent tiefer ausfiel. Der Verbrauch an Flugtreibstoff hat um 4,7 Prozent zugenommen, während der Treibstoffverbrauch im Individualverkehr ungefähr gleich blieb. Aber nur, weil der Tanktourismus weggefallen ist. Summa summarum heisst das, dass die Energieimporte markant zugenommen haben. Die Schweizer fahren mehr Auto, fliegen mehr herum als je zuvor und konsumieren Energie nach Belieben. Das steht in komplettem Widerspruch zur Energiewende, die ja bereits begonnen haben soll. Einsparung von 43 Prozent Energie, und 13 Prozent weniger Stromkonsum bis 2035 steht im Gesetz.
Energie ist ganz einfach im Überfluss vorhanden, ist billig und wird das auf absehbare Zeit noch bleiben. Je stärker vom Ende des Fossilzeitalters geschwärmt wird, desto sicherer bleiben Kohle, Gas und Erdöl billig und bestimmen, wie viel Energie kosten darf. Da kann die teure Schweizer Stromproduktion schon lange nicht mehr mithalten. Und es wäre vermessen zu glauben, dass der Strom mit eigenen Windrädern und Fotovoltaik konkurrenzfähiger würde. Ein steigender Import von Strom und Gas ist programmiert.
Alle Anzeichen sind vorhanden, dass der Stromverbrauch weiter zunehmen wird. Die Elektrifizierung des Verkehrs wird kommen, nur wie schnell, steht noch offen. Die Ankündigung von Volvo, nur noch neue Modelle mit Elektromotoren anzubieten, und das Ziel Frankreichs, den Verkauf von Verbrennungsmotoren bis 2040 einzustellen, sind deutliche Signale. Zunächst werden vermutlich Hybridautos das Rennen machen, da sie die Vorteile des Elektroantriebs, der Effizienz, und der grossen Reichweite miteinander kombinieren und auf keine neue Infrastruktur angewiesen sind. Elektrische Wärmepumpen ersetzen Ölbrenner. IT-abhängige Dienstleister und vollautomatisierte Produktionsbetriebe werden zu Strombezügern rund um die Uhr. Wirklich energieintensive Betriebe können im Ausland günstiger Energie einkaufen oder gehen gleich selbst dorthin. Effizienzsteigerung ist ökonomisches Tagesgeschäft. Ob man das Entkoppelung des Wirtschaftswachstums vom Energiebedarf nennen will, ist fraglich. Auf jeden Fall wird sich der Energiekonsum auch weiterhin nach Bedarf und Angebot entwickeln.
Gegenüber diesen Trends steht unser neues Energiegesetz, das eine künstliche Verknappung anstrebt, ziemlich schief in der Landschaft. Etwa so schief wie das Märchen der abnehmenden Auslandabhängigkeit.

zuerst publiziert in der Basler Zeitung vom 14. Juli 2017

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2 thoughts on “Absenkpfade und andere Märchen”

  1. Mit “Klima-Abkommen” und Energie Strategie 2050 als Legitimationen wird Bundesrat nun jeglichem Ansinnen der links-grünen Energiepolitik des BfE und BafU für Gebühren und Abgabenerhöhungen durchwinken. Dass Energieverbrauch nicht merklich runter gehen wird, wussten auch diejenigen, die Energiestrategie formuliert haben. Die nie erreichbaren Ziele dienen nur dazu, eine von Links-Grünen schon längst verfolgte “Energiesteuer” auf dem Abgabenweg zu erzwingen. Sollte ein Ziel widererwarten erreicht werden, wird man Abgaben mit dem Argument erhöhen, dass sonst Defizite bei den schon längst zugesagten Subventionen und Zuschüssen für die Energiestrategie drohen (es werden um Faktoren mehr wie das 10x von den von BR Leuthard propagierten 40 Fr pro Person sein, in Deutschland liegen die heute schon bei 400 Fr pro Einwohner).
    Das sind keinerlei Phantasie-Szenarien, genau nach dem Muster sind in letzten 5 Jahren Abgaben auf Heizöl und Gas vom BafU nun schon 4-mal um durchschnittlich 30% pro Jahr erhöht worden, einmal sogar vorsorglich, weil von ihnen formulierte und vom BR durchgewinkte Zielvorgaben nicht erreicht worden seien. Die Letzte wurde diese Woche angekündigt. Gemessen werden Erreichungsgrade übrigens vom gleichen BafU, das direkt vom Geldsegen dieser Abgaben für eigene Aktivitäten profitiert

  2. … der Stimmbürger wird dem ganzen Karussell früher oder später den Stecker ziehen. Je später, desto grösser wird der Scherbenhaufen an fehlgeleiteten Investitionen sein.:(

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