Panikmache ist kontraproduktiv

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Für die weltweite Stromversorgung heisst die Übergangslösung für den Rest des Jahrhunderts Naturgas und Nukleartechnologie, wobei selbst Kohle noch nicht verschwinden wird.

Klimapolitik muss langfristig und politisch nachhaltig gestaltet werden. Es braucht nicht panik­getriebene Maximalforderungen, sondern durchhaltbare Massnahmen.

Es geht hier nicht um Klimawandel, sondern allein um Klimapolitik. Es geht um demokratische Entscheidungen und ihre politökonomischen Grundlagen, von denen agitatorische Klimawissenschaftler keinen blassen Schimmer haben. Politische Ökonomie (Public Choice) analysiert kollektive Entscheidungen und erklärt nachvollziehbar die Ursachen von Politikversagen und die Voraussetzungen für gute Entscheidungen.

Wenn wir in der Klimapolitik Fehler vermeiden wollen, die mehr Schaden anrichten als der Klimawandel, müssen wir drei Leitplanken für Rationalität respektieren: Die Erdatmosphäre ist erstens der Paradefall für eine globale Allmend. Es spielt keine Rolle, wo das C02 emittiert, aber ebenso wenig, wo es vermieden wird. Das Einzige, was deshalb zählt, ist die globale Wirkung. Die ganze Diskussion um den Inlandanteil widerspiegelt somit moralische Sühne, aber mehr noch lokale Sonderinteressen, die das schlechte Gewissen knallhart ausnützen. Die Gletscher-Initiative ist so gesehen ein schlechter Witz oder eben eine Einladung an vernünftige Menschen, jegliche Klimapolitik als absurd einzustufen.

Schneller ins politische Chaos

Zweitens muss die Klimapolitik langfristig und politisch nachhaltig gestaltet werden. Es braucht nicht panik­getriebene Maximalforderungen, sondern verkraftbare und durchhaltbare Massnahmen. Für die weltweite Stromversorgung heisst die Übergangslösung für den Rest des Jahrhunderts Naturgas und Nukleartechnologie, wobei selbst Kohle noch nicht verschwinden wird. Denn die «Dritte Welt» ist mittlerweile bevölkerungsmässig und wachstumspolitisch zur «Ersten Welt» geworden. Ohne Elek­trifizierung und bezahlbare Energie würde der Planet noch schneller ins politische Chaos stürzen als wegen einer Erwärmung um 2 Grad.

Neue Technologien werden sich dank diesem Zeitgewinn in der Forschung und im Wettbewerb durchsetzen. Den Jungen von übermorgen darf man diese Chance nicht durch die Jungen von heute zerstören lassen. Drittens müssen die Massnahmen zur CO2-Vermeidung nicht nur global effizient, sondern auch national sozialverträglich sein.

Wenn es primär Mieter, ländliche Pendler, Billigflieger, private Stromkonsumenten und ganz generell Kleinverdiener trifft, dann verebbt die links-grüne Begeisterungswelle schnell. Gerade die Schweiz riskiert extreme Alleingänge mit negativen wirtschaftlichen und sozialen Folgen, aber ohne Nutzen für das Klima. Wenn dem Stimmvolk das einmal klar wird, verlieren selbst vertret- und machbare Massnahmen die Unterstützung. Panikmache ist kontraproduktiv.

Dieser Beitrag ist am 28. Juni 2019 onlline und auf Papier in der Basler Zeitung erschienen.

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1 thought on “Panikmache ist kontraproduktiv”

  1. In der Klimapolitik geht es nicht um die Frage, ob wir die Erderwärmung verzögern MÜSSEN, sondern darum, ob wir sie verzögern KÖNNEN. Die Diskussion um den Inlandanteil ist daher keine Frage der Moral, sondern der Machbarkeit. Weil die Schweiz nur 0.1% der weltweiten anthropogenen CO2-Emissionen verursacht, könnte sie die anthropogene Erderwärmung auch nur um höchstens 6 Tage verzögern, sofern sie ihre CO2-Emissionen bis 2050 linear auf NULL herunterfahren KÖNNTE. Die Gletscher-Initiative ist nicht nur deshalb ein schlechter Witz: Durch Gletscherkernbohrungen des sachverständigen (!) ETH-Glaziologen Prof. M. Funk wissen wir, dass die Schweizer Alpen in den vergangenen 115’000 Jahren mehrmals nahezu eisfrei waren, dass es also auch ohne anthropogene CO2-Emissionen mehrmals deutlich wärmer war als heute. Weil wir aber weder die Erdtemperaturen in vorindustrieller Zeit noch die Ursachen des natürlichen Klimawandels kennen, könnte nicht einmal ein sachverständiger und nicht agitatorischer Klimawissenschaftler den anthropogenen Anteil des Klimawandels quantifizieren: Wenn Klimawissenschaftler trotzdem irgendwelche Temperaturprognosen in Abhängigkeit vom anthropogenen CO2-Ausstoss (=”CO2-Sensivität”!) machen, so zeugt dies von abgrundtiefer Inkompetenz dieser Leute.
    Aber auch den Politikern fehlt der Sachverstand zur Gestaltung einer langfristigen und politisch nachhaltigen (blablabla) Klimapolitik, genauso wie einem Ökonomen, welcher sich anmasst, die Technologien für die zukünftige (bis zum Ende des Jahrhunderts!!) weltweite Stromversorgung zu kennen. Woher weiss ein Ökonom ausserdem, dass der Planet ohne weitere Elektrifizierung und bezahlbare Energie noch schneller ins politische Chaos stürzen würde als wegen einer Erwärmung um 2 Grad? Kennt der Herr Professor diese Klimafolgen und kann er sie sogar quantifizieren, um sie gegeneinander (Äpfel gegen Birnen) abzuwägen?

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